Auf Frei­heit ge­sinnte, sprich li­be­rale Par­teien ha­ben es schwer in Deutsch­land. Frü­her er­fuhr das le­dig­lich die FDP durch ihre par­la­men­ta­ri­schen Ein- und Aus­züge. Doch vor dem Hin­ter­grund in­ter­na­tio­na­ler Be­we­gun­gen, die Ge­mein­we­sen und Kul­tur in der so­ge­nann­ten In­ter­net­pi­ra­te­rie be­to­nen und ge­gen »in­ter­net­ten« Big Bro­ther mo­bil­ma­chen, hat sich 2006 in Deutsch­land eine wei­tere frei­heit­li­che Par­tei ge­grün­det. Wie ihre Schwes­ter­par­teien in an­de­ren Län­dern ist die Pi­ra­ten­par­tei, im Un­ter­schied zur FDP, we­ni­ger wirt­schafts­li­be­ral, viel­mehr auf so­ziale Frei­heit aus.
Ich Mensch und Bür­ger möge un­ab­hän­gi­ger ge­gen­über un­se­rem Staat und dem Markt, also ge­gen­über dem Sys­tem so­wie an­de­ren Men­schen, Bür­gern sein. Man er­mög­li­che mir die Ge­stal­tung mei­nes Le­bens in Eigen- und we­ni­ger in sol­cher Ver­ant­wor­tung, die auf Geld­ver­die­nen um je­den Preis aus­ge­rich­tet ist. Ge­stal­ten wir eine aus­ge­wo­ge­nere Ge­sell­schaft, in der un­ter­schied­li­chere In­ter­es­sen sich po­li­tisch wie­der­fin­den, die eben gar nicht nur wirt­schaft­li­che sind. Denn so­wohl un­sere in­di­vi­du­el­len als auch po­li­ti­schen Ent­schei­dun­gen mö­gen we­ni­ger vom Geld be­ein­flusst sein, so­bald ein an­stän­di­ger Le­bens­stan­dard je­dem be­din­gungs­los zu­steht. Wohl­stand und Reich­tum Ein­zel­ner sind okay, so­fern alle et­was da­von ha­ben. Be­son­nen um­ver­tei­len und nicht für be­dürf­tig er­klärt wer­den, wenn der ei­gene Geld­er­werb aus­bleibt, diese Po­li­tik­ziele ma­chen ei­nen pi­ra­ti­gen Un­ter­schied zur Links­par­tei.
Wirt­schaft wird nicht ge­rade als Top­thema der Pi­ra­ten in den Me­dien ge­han­delt. Eine wahre »Ware«, wenn man so will; denn in der Tat lei­den wir an Wirt­schafts­über­druss, sind im Grunde dank­bar, wenn je­mand den Markt au­ßen vor lässt. Wir ver­ste­hen ihn im Prin­zip so we­nig wie uns selbst. Des­halb ent­wi­ckelt sich be­son­ders mit der Pi­ra­ten­par­tei ge­rade ein Selbst­ver­ständ­nis oder zu­min­dest ein Grund­stein da­für, die Märkte markt­un­ab­hän­gig, un­sere Be­züge zu ih­nen ge­nauer wahr­zu­neh­men und zu ver­ste­hen. Man­chen­orts be­reits ver­wirk­lichte Uto­pien wie Brut­to­so­zi­al­glück und Ge­mein­wohlöko­no­mie schei­nen in die Pi­ra­ten­par­tei ein­zu­zie­hen. Sie rü­cken wahre Be­dürf­nisse, Not­wen­dig­kei­ten und nicht zu­letzt Zu­frie­den­heit al­ler in den Mit­tel­punkt mensch­li­chen wie ge­sell­schaft­li­chen Han­delns. Auch prä­sen­tiert sich bei den Pi­ra­ten die eh­ren­amt­li­che Ar­beit, auf der vie­les in un­se­rer Ge­sell­schaft auf­baut, gleich­wer­tig ge­gen­über der Er­werbs­ar­beit – in Zu­kunft hof­fent­lich ganz ohne Wenn und Aber, das heißt, egal ob man ne­ben dem Eh­ren­amt auch ar­bei­tet.
Die am An­fang we­ni­gen The­men der Par­tei ha­ben sich im Lauf der Jahre ver­viel­fäl­tigt. Das biss­chen Um­welt­po­li­tik z. B. ha­ben die Frei­beu­ter von den Grü­nen ko­piert. Mit dem fahr­schein­lo­sen Nah­ver­kehr for­dern sie Um­welt­freund­lich­keit um­la­ge­fi­nan­ziert al­ler­dings mu­ti­ger als die Grü­nen. Die Geg­ner­schaft zur Mas­sen­tier­hal­tung und zur Atom­kraft, die For­de­run­gen nach mehr Kon­zept beim Aus­bau der er­neu­er­ba­ren En­er­gien und das Min­dest­al­ter der Wäh­ler her­ab­zu­set­zen ha­ben beide Par­teien ge­mein­sam.
Die Pi­ra­ten­par­tei baut zum Teil auf an­de­ren Par­teien auf und hat nicht den An­spruch, die al­les ent­schei­dende Mehr­heits­mitte zu wer­den, kom­plet­tiert Par­tei­en­land­schaft zeit­ge­mäß bloß. Wa­rum sollte eine neue Par­tei es älte­ren gleich­tun? Z. B. ei­nen über­mä­ßi­gen Macht­an­spruch ha­ben. Macht, hin­ter der sich oft Ohn­macht ver­birgt, zu­mal bloß auf Zeit ver­ge­ben, ist ge­ne­rell im­mer we­ni­ger er­wünscht. Zusam­men­ar­beit mit so­wie Zu­stim­mung zu an­de­ren Par­teien ent­spricht da­ge­gen den Wün­schen vie­ler heu­ti­ger Wäh­ler. Bspw. hat die Pi­ra­ten­frak­tion im Ber­li­ner Ab­ge­ord­ne­ten­haus ei­nem An­trag der Grü­nen Frak­tion, das Min­dest­wahl­al­ter her­ab­zu­set­zen, zu­ge­stimmt. Dass der Pi­ra­ten­par­tei Wahl­al­ter 16 noch zu hoch sei, hat die Ab­ge­ord­nete zwar be­tont, aber kei­nes­wegs auf Wahl­al­ter 12 be­harrt. Für diese Par­tei ist au­ßer­dem kein Pro­blem, Mit­glie­der aus an­de­ren Par­teien bei sich auf­zu­neh­men, ohne dass sie dort raus­müs­sen.
Über die Pi­ra­ten öff­net sich das Par­tei­en­sys­tem in eine Bür­ger­de­mo­kra­tie wie durch keine an­dere Par­tei. Die For­de­rung nach ei­nem Op­ti­mum an Mit­be­stim­mung für die Bür­ger ist of­fen­kun­dig. Volks­ent­scheide auf al­len staat­li­chen Ebe­nen mit ge­rin­gen Hür­den, bei Wah­len mehr Mög­lich­kei­ten, Bür­ger­be­fra­gun­gen, Bür­ger­haus­halte. Sol­len die Bür­ger ent­schei­den, wo­für öffent­li­che Gel­der aus­ge­ge­ben wer­den. Zu­dem nutzt die Pi­ra­ten­par­tei Tools (Werk­zeuge) wie Li­quid Feed­back, um je­der­zeit aus dem ge­sam­ten Land Mei­nungs­bil­der ein­zu­ho­len, die tat­säch­lich po­li­tisch ge­nutzt wer­den. Sie un­ter­stützt und för­dert Platt­for­men, die den Par­tei­mit­glie­dern bzw. uns Bür­gern Mit­be­stim­mung er­mög­li­chen.
Ei­ni­ges mit­be­stim­men kann ich bei die­ser Par­tei so­gar ohne Mit­glied zu sein. Ein­mal hatte ich eine Spende ge­tä­tigt, die un­ter dem Ver­wen­dungs­zweck ›Bei­trag‹ statt ›Spende‹ ab­ge­bucht wor­den war. »Das ist bei uns nor­mal«, mailte mir der Schatz­meis­ter der Pi­ra­ten­par­tei Deutsch­land zurück. »Dei­nen Vor­schlag, Spen­den beim Ab­bu­chen ge­nauer zu kenn­zeich­nen, wer­den wir in Zu­kunft je­doch um­set­zen.« Eine an­dere An­re­gung mei­ner­seits, und zwar sich ge­gen­über den Me­dien da­für ein­zu­set­zen, dass sie mehr so­wie ge­nau­rere Nichtwähler-Statistiken füh­ren und ver­öf­fent­li­chen, ha­ben die Bun­des­pi­ra­ten nicht auf­ge­grif­fen.
Viele Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wege der Pi­ra­ten­par­tei sind von au­ßen weit of­fen. Auch wenn man nicht im­mer eine Ant­wort o. Ä. be­kommt, so wird ei­nem als (halb­wegs) ver­nünf­ti­ger Mensch mei­ner Er­fah­rung nach zu­ge­hört. Was sich aufnehm- bzw. um­setz­bar zeigt, ist eine an­dere Frage. Übers In­ter­net und vor Ort las­sen sich die Pi­ra­ten kurz oder aus­führ­lich, manch­mal zu aus­führ­lich ein­se­hen. Was ge­nau mit Trans­pa­renz ge­meint ist, wis­sen sie in un­se­rer schnell­le­bi­gen Zeit al­lein schon in­folge ei­ge­ner, kei­nes­wegs sel­te­ner Neu­ord­nung am bes­ten. Im­mer wie­der müs­sen sie un­ter den vie­len The­men und In­hal­ten, die in die Par­tei strö­men, Über­sicht schaf­fen, da­mit mög­lichst alle In­ter­es­sier­ten sich er­folg­reich in­for­mie­ren kön­nen. Für je­den Pi­ra­ten mag das ab­stimm­re­le­vant sein, denn er wird in der Par­tei nicht durch De­le­gierte ver­tre­ten, son­dern kann per­sön­lich mit ab­stim­men. Ähn­lich sol­len wir Bür­ger auf die Po­li­tik zu­künf­tig mehr Ein­fluss neh­men kön­nen.
›Da­ten in Nut­zer­hand‹ ge­hört zu den For­de­run­gen der Par­tei, meint in­for­ma­tio­nelle Selbst­be­stim­mung, also die Kon­trolle ei­nes je­den über seine Da­ten wie auch die ge­währ­leis­tete An­ony­mi­tät im Netz wie in Net­zen. Ebenso selbst­ver­ständ­lich bei den Pi­ra­ten ist Gleich­be­rech­ti­gung, so­wohl zwi­schen al­len Men­schen un­ab­hän­gig z. B. vom Ge­schlecht als auch bei der Durch­lei­tung al­ler Da­ten, so­gar durch pri­vate Netze, un­ab­hän­gig vom Geld­beu­tel (Netz­neu­tra­li­tät).
In mei­ner Ei­gen­schaft als Ur­he­ber wähle ich die Pi­ra­ten­par­tei we­ni­ger, zu un­kon­kret for­mu­liert ist ihr Wahl­pro­gramm in Sa­chen Ur­he­ber­recht. Ich wäre gerne wei­ter­hin auf ewig recht­lich Ur­he­ber mei­ner Werke. Über Länge und Um­fang der Ver­wer­tungs­rechte an ih­nen lässt sich strei­ten. Mir ist be­wusst, dass ich u. a. beim Schrei­ben wie Dich­ten von freien als auch ver­mark­te­ten Wer­ken an­de­rer pro­fi­tiere, auf jene meine Krea­tio­nen et­was auf­baue. Doch es sind keine Pro­dukte mei­ner faul­pel­zi­gen Seite, ich möchte die Chance bzw. Wahl ha­ben, ent­lohnt zu wer­den. Da kommt mir die För­de­rung al­ter­na­ti­ver Ver­triebs­mo­delle durch die Pi­ra­ten ent­ge­gen. Ich wähle sie, darf mir si­cher sein, dass an­dere Par­teien zum Schutz selbst mei­ner ei­gens­ten Kul­tur­gü­ter trotz­dem beitragen.

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4 Kommentare
  1. Karkl K. sagt:

    Was für ein Stuss. Geh wie­der an dei­nen PC zo­cken und über­lass die Po­li­tik den Erwachsenen.

  2. JTL sagt:

    Was für ein Stuss. Geh weg vom PC und über­lass´ das In­ter­net den Men­schen, die es or­dent­lich be­nut­zen (z. B. mit kon­struk­ti­ver Kritik).

  3. Samuel sagt:

    Als An­fangs­state­ment will ich mal sa­gen das ich den Ar­ti­kel Su­per re­cher­chiert und und toll ver­fasst finde! Nicht nur die Aus­führ­lich­keit des Ar­ti­kels finde ich toll son­dern auch der Ge­samt­ein­druck ist lobenswert.

    So und jetzt komm ich zum ei­gent­li­chen Haupt­punkt den ich los­wer­den muss. Kri­tik gut und recht, aber so ei­nen Stuss wie ihr »beide« (eine Per­son) hier ge­schrie­ben habt finde ich nur pein­lich. Da ist ein Mensch der frei­wil­lig und in sei­ner Frei­zeit ei­nen Ar­ti­kel schreibt und dazu zur Me­di­en­viel­falt bei­trägt so hin­un­ter zu zie­hen denk ich ist nicht ganz okay. Mei­nungs­äu­ße­rung gut und recht aber bitte da­vor nach­den­ken be­vor ihr ei­nen Men­schen mit ein­falls­lo­sen und be­lei­di­gend Sät­zen aussetzt.

    Und wenn ihr schon so of­fen­sicht­lich von ei­ner an­de­ren Par­tei seit dann kann man die auch dazu schrei­ben, um zu wis­sen wel­che Par­tei in Deutsch­land nicht wähl­bar ist. Bin Öster­rei­cher und et­was scho­ckiert über so ei­nen Um­gang mit dem ei­ge­nen Volk.

    Aber jetzt ge­nug Kri­tik ge­äu­ßert, wün­schen je­dem nen schö­nen Tag, und Mor­gen für euch ei­nen tol­len Wahl­tag :-)

    MfG Sa­muel

  4. Veit Pakulla sagt:

    Eu­ro­pa­wahl 2014. Aus obi­gen Grün­den er­neut und fol­gen­den habe ich für die Pi­ra­ten ge­stimmt:
    Eu­ropa kämpft wie die Pi­ra­ten­par­tei mit sich. Um Ein­heit in der Viel­falt, um Teil­habe we­gen der Un­ter­schiede, um Mit­be­stim­mung trotz Weite und Wirtschaft.

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