Bewerbung zum Ganztagskonsumenten
28. März 2012 Bei Arbeit 's Los eingeordnetSehr geehrte Wirtschaft,
durch unzählige Läden, Märkte, gastronomische, kulturelle Einrichtungen in den Straßen oder eigens in Einkaufsstraßen, Einkaufspassagen, Einkaufszentren, von Werbeschildern, Plakaten, Infoscreens, aus Flyern, Broschüren, Prospekten, Katalogen, aus dem Briefkasten, Radio und Fernsehen, auf zahlreichen Webseiten, die teilweise oder ganz Werbefläche sind, via E-Mails, durch soziale Netzwerke, Telefonanrufe, über Services, Versandhäuser, Messen, Einzelstände, Visitenkarten, Vertreter, Promoter, Freunde, Verwandte, Bekannte, Kontakte habe ich erfahren, Sie suchen Konsumenten auf Ganztagsbasis.
Ich bin sowohl im Massen- als auch im auserlesenen Konsum geschult. Seit ich denken kann, konsumiere ich nicht mehr nur, sondern ist Konsumieren mein Naturell. Gerne können Sie mir Proben zukommen lassen, die ich bei höchster Qualität mit dem niedrigsten Preis, auch in jedem anderen Preisleistungsverhältnis bezahlen, genussvollst bis produktkritisch mit größtem Verschleiß, der versprochenen Haltbarkeit oder sofort verbrauchen werde! Meine Werbewirksamkeit, sich aus meiner Privatperson erst richtig entfaltend, stände Ihnen ebenso direkt zur Verfügung wie meine Bedürfnisse, Pseudobedürfnisse und mein Bewertungssystem, die Sie ständig einer Massentauglichkeit angleichen, wo nicht mein Umfeld plus meine Nischen für Ihre Märkte entdecken könnten.
Mein unbändiger Wille möglichst ununterbrochen zu konsumieren, hinzukommend die Meisterschaft, die ich im Konsum entwickelt habe, wären Ihnen noch mehr vonnutzen, als diese es heute schon sind! Mich würde freuen, wenn Sie mich von Ihrem Arbeitsmarkt freistellen, auf dem ich ohnehin nichts als veratmete Luft produziere, in dieser Zeit wegen meines Vorgesetzten nur minimal konsumierend. Alles, was gebraucht, weniger gebraucht oder einfach gerne nachgefragt wird, realisieren andere Ihrer Mitarbeiter, massiv unterstützt von Maschinen und Software, hocheffizient. Sinnvolle Arbeit fände ich, finden viele, nur in nichtkommerziellen Gesellschaftsbereichen und im Privaten, Arbeit, die ich als Konsument auf Ganztagsbasis nicht leisten bräuchte!
An Ihrem Wachstum orientierte Grüße
Homo Ökonomikus
Ich hätte da noch die Bewerbung um einen Ausbeutungsplatz zu bieten
Lieber Veit - das ist mal wieder total geil. Ne ähnliche Idee hatte ich auch schon, nur noch nicht so konkret. Hatte mir gedacht, ich rufe viele Leute auf »Konsumagent« zu werden und für die Firmen mal so richtig gut zu konsumieren - nur so ein cooles Bewerbungsschreiben fiel mir damals nicht ein
Das Schreiben passt gut zur Initiativbewerbungsaktion von Micha Fielsch: http://www.fielsch.de/initiativbewerbung
Liebe Grüße,
Frigga