Leben lang Facebook?
6. Februar 2012 Bei Netzthemen eingeordnetDas größte soziale Netzwerk der Welt, über das hunderte Millionen Menschen Tag für Tag, Stunde um Stunde miteinander kommunizieren, teilen, auf dem sie spielen, Werbung machen, Produkttipps Aufmerksamkeit schenken, politisch aktiv sind u. v. a., diese derzeit weltgrößte Netzgemeinschaft verkörpert eine Vision:
Ihr Leben lang verbringen unzählige Menschen weltweit viel Zeit auf Facebook, interessieren sich über Facebook füreinander oder von einer Seite, begegnen sich, pflegen Beziehungen unterschiedlicher Art und Länge mittels Facebook, nicht selten offline-online-übergängig. Immer mehr noch bekommt Facebook, was es braucht, um dauerhaft Weltkult zu sein: Bindung an Kontinente voller Mitglieder, und zwar über Jahre, Jahrzehnte hinweg.
Timelines wollen in Zukunft die Vergangenheit eines jeden Facebook-Nutzers übersichtlich durchblätterbar machen. Interessiere ich dich nicht nur tagesaktuell, könntest du bequem einsehen, was ich die letzten Jahre auf Facebook gemacht habe. Egal ob Leute heute ihre Vergangenheit in Facebook-Chroniken eintragen; mit der Zeit steht sowieso aus vieler Leben vieles drin. Längst schon teilen Menschen von Kind an Interessen, Gedanken, Erlebnisse usw. über Facebook. Zum einen praktisch, zum anderen haarsträubend, dass unsere Facebook-Aktivitäten konserviert werden, wir jederzeit über unsere Vergangenheit im Bilde sein können und Facebook einfach dazugehört. Ein Glück, dass man die Sichtbarkeit einstellen kann!
Dennoch vertrauen wir unsere Daten einem Konzern an, sind sie nur bedingt in Nutzerhand. Mit welchen Hürden ein Facebookprofil, an dem wir ohnehin mehr und mehr hängen, sich löschen lasse, davon handeln eine Menge Artikel wie dieser sehr informative, teils lustige. Anscheinend kann man seine Daten, sämtliche oder einzelne, nicht völlig löschen, was mit auswertungstechnischem und kommerziellem Interesse an ihnen begründbar wäre; unabhängig davon mit sinnentstellenden Löchern, die der Löscher seines Profils auf anderen Profilseiten hinterlassen würde, falls er dort kommentiert, auf ›Gefällt mir‹ geklickt hat etc. Diejenigen Beiträge eines gelöschten Mitglieds, die verbleiben, werden in mancher Online-Community anonymisiert.
Zuweilen könnte man glauben, es gebe nur noch die eine. Alle anderen haben keinen derart gigantischen Zulauf, weitaus weniger Gesichter aus Gegenwart und Vergangenheit. Wir alle sind Facebook, werden weiterhin Facebook sein! Vielleicht reicht die Identifikation mit dieser Universalmarke, die wir in unser Leben integrieren, nicht so weit. Dennoch tun wir massenhaft via Facebook, oder tun all die anderen es ohne mich. Nicht jeder ist bei dem blauen Riesen von Netzgemeinschaft registriert oder besonders aktiv. Aber gibt es jemand, der regelmäßig nicht irgendwo etwas von ihm mitbekommt?
Als die »Chronik« angekündigt wrde, habe ich mich schnellstens von Facebook verabschiedet. Inzwischen ist Facebook wie ein Pilz, dessen Sporen in die kleinsten Löcher kriechen, den man aber auch nicht einfach entfernen kann. Ich finde das gruselig.
Und das hier, in einem Land, in dem die Menschen, 1983 -1987 wutentbrannt auf die Strassen gingen, weil bei der Volkszählung alle Volljährigen unter anderem über ihre Wohnsituation und ihre Erwerbstätigkeit Auskunft geben sollten.
Tja, nachdem gestern auch mein Profil zwangsweise auf die neue Chronik umgestellt wurde, überlege ich mir noch viel mehr, welche Informationen ich bei Facebook reinstelle.
Einfach nix wichtiges oder unerwünschtes reinschreiben.
Die Lobby freut sich auf jeden Facebooknerd: http://internetassociation.org/
Aber es reichen auch die sogenannten Apps auf den (DAU-) ääh.. Smartphones.
Die meisten wissen garnicht, worauf sie sich da einkonsumiert haben.